Inhalt dieses Beitrags
- FAZ und BBC vergreifen sich im Logo
- Glückwunsch Frau Meier, die Trafficzahlen sehen ja hervorragend aus!
- Herr Müller, warum sind unsere Conversionrates so im Keller?
- zusätzlich Markenbekanntheit – aber zu welchem Preis?
- Theorie vs. Praxis
- Risiko oder Chance für Produkt und Marke?
- rechtliche Einschätzung
- Was ist Clubhouse überhaupt?
FAZ und BBC vergreifen sich im Logo
Einigen Onlineredakteuren ist in den letzten Tagen ein Fehler unterlaufen: zu gutem Content gehört in der Regel auch immer Bildmaterial. Und das beschaffen sich viele auch über die Google-Bildersuche. Was liegt also näher als unter einem gewissen redaktionellen Zeitdruck die Image-Search aufzurufen und nach “Clubhouse Logo” zu googlen? Und selbst wenn man die allgemeine Suche verwendet, erscheint immer das Logo eines Anbieters für Projektmanagement-Software (clubhouse.io), das dann von den Schreiberlingen und Content-Producern gerne direkt übernommen wird. Eine Marke mit einem solchen Hype wie Clubhouse aktuell, ist doch sicher prominent in den Suchergebnissen präsent. So vermutlich der Grundgedanke.
In der vertikalen Bildersuche sieht es leider ähnlich mau aus: ganz klein und unbedeutend kann man mit viel Geduld das “echte” Logo der Clubhouse-App finden. Und man kann es auch nur dann identifizieren, wenn man die (zugegeben etwas karge) offizielle Webseite joinclubhouse.com im Vorfeld zumindest kurz besucht hat.
“Kann ja mal passieren” wäre jetzt ein Entschuldigungsgrund, nur findet man das falsche Logo nun an allen Ecken und Enden des Internets. Doof für die Marke, über die so viel berichtet wird, und ein nicht einzuschätzender Schaden für die Betreiber des Projektmanagement-Tools, vor allem auch im Hinblick auf Traffic, Umsätze und daraus resultierende Marketing-KPIs.
Glückwunsch Frau Meier, die Trafficzahlen sehen ja hervorragend aus!
Wir stellen einfach mal die Annahme in den Raum, dass das zweifelhafte Verwenden eines falschen Logos vermutlich auch dazu führt, dass User sich die Frage stellen, ob sie die richtige App verwenden. Das führt sehr wahrscheinlich auch zu einer verfeinerten Suche und möglicherweise landen nun einige Besucher mehr als gewöhnlich auf clubhouse.io. Vor einige Wochen sahen die SERPs (engl.: search engine result pages) auch noch ganz anders aus.
Für die Suche nach “Clubhouse” war clubhouse.io auf Platz 3 und drüber direkt das, was man eigentlich gesucht hatte. Allerdings mit dem Domainnamen JOINclubhouse.com. Das Ergebnis mit clubhouse.io war allerdings scheinbar ansprechender und klingt durch die Endung .io vermutlich irgendwie “digitaler”. Es wäre überaus interessant zu wissen, was das an Zusatztraffic für clubhouse.io bedeutet hat.
Herr Müller, warum sind unsere Conversionrates so im Keller?
Die nächste Frage ist dann vermutlich die obige gewesen: Warum sind unsere Conversionrates so abgestürzt? Viel Traffic klingt erstmal super, bringt nur nichts, wenn die Suchintention nicht befriedigt wird. Und der zusätzliche (irrelevante) Besucherstrom killt das Datenset bzw. macht es ziemlich unbrauchbar: Conversionrates im Keller und Absprungraten wahrscheinlich katastrophal. Das ist schlecht für die Marketingplanung und auch der Google-Algorithmus steht mittelfristig auch nicht sonderlich auf viele direkte Absprünge.
Aus dieser Perspektive ist das Gesamtszenario sowieso schon recht ungünstig und ärgerlich für clubhouse.io.
zusätzlich Markenbekanntheit – aber zu welchem Preis?
Die digitale Verwirrung rund um den Markenauftritt von Clubhouse & Clubhouse wird nun durch reichweitenstarke Webseiten noch weiter voran getrieben. Viele kleine, aber auch renommierte Webseiten wie die FAZ und die BBC haben das falsche Logo sogar in den Teaserbildern verwendet.
Theorie vs. Praxis
Nun wurden bereits viele Annahmen in den Raum gestellt: Deshalb haben wir in diesem Zusammenhang eine offizielle Anfrage an die Pressestelle von clubhouse.io verschickt und um ein Interview gebeten. Sollten es dazu kommen, halten wir unsere Leser natürlich gerne auf dem Laufenden und werden hier berichten. Im Interview werden wir spannende Fragen zum Umgang mit der aktuellen Situation, vor allem aus Online Marketing Sicht, stellen.
Risiko oder Chance für Produkt und Marke?
Aus dem aktuellen Szenario können sich neben diversen Risiken natürlich auch Chancen für clubhouse.io ergeben. Wenn man sich die Zusammensetzung der Clubhouse-App Nutzer ansieht und das aktuelle Targeting näher ansieht, erkennt man mögliche Schnittmengen: eine relativ junge Alterszusammensetzung, nur iPhone-User, viele Unternehmer und Solo-Entrepreneure und digital-Natives in der Clubhouse-Audience. Einige davon sind im Projektmanagement tätig oder haben sehr direkte Berührungspunkte. Möglicherweise also auch eine Chance für neue Markenkontakte und -aufmerksamkeit.
rechtliche Einschätzung
Wie sieht es aber auf der rechtlichen Seite aus? Wir haben dazu Niklas Plutte gebeten, seines Zeichens Fachanwalt für IT- und Medienrecht von der Kanzlei Plutte, uns eine kurze Einschätzung zu geben. Darf ein großer Verlag einfach so ein falsches Logo verwenden und was sind mögliche Konsequenzen?
Publisher, die über die Clubhouse App berichten und der App ein falsches Firmenlogo zuordnen, begehen keine Markenverletzung, weil sie das Logo nicht markenmäßig benutzen. Grund ist, dass die Verlage in ihren Artikeln nicht suggerieren, es handele sich um ihre Marke – das gilt sowohl für das echte Clubhouse App Logo als auch das irrtümlich verwendete Logo. Meiner Einschätzung nach liegt auch keine Urheberrechtsverletzung vor.
Das Logo von clubhouse.io ist schlicht gehalten und dürfte als computergenerierte Grafik nicht die nötige Schöpfungshöhe erreichen. Eine Wettbewerbsverletzung scheidet aus, weil clubhouse.io kein Mitbewerber der das Logo verwendenden Verlage ist.
Übrig bleibt aus meiner Sicht aber ein rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Im Ergebnis ist klar, dass clubhouse.io es nicht dulden muss, dass sein Logo fälschlich für Presseberichte über die Clubhouse App herhält.
Dem Unternehmen stehen gegen die Verlage verschuldensunabhängige Unterlassungsansprüche nach §§ 1004, 823 BGB samt Anspruch auf jeweiligem Ersatz der jeweils anfallenden anwaltlichen Abmahnkosten zu. Da die Fehler durch sorgsame Recherche der verantwortlichen Journalisten leicht vermeidbar gewesen wären, kann clubhouse.io möglicherweise zusätzlich Schadensersatz bzw. eine Entschädigung verlangen.
Niklas Plutte, Rechtsanwalt von der Kanzlei ra-plutte.de
Was ist Clubhouse überhaupt?
Die Clubhouse App ist bei vielen Internetnutzern gerade der neue heiße Scheiß: sie nennt sich selbst Drop-In-Audio-Chat und stellt für registrierte User digitale Räumlichkeiten zur Verfügung, in den man sich unterhalten kann. Jeder kann diese Räume eröffnen und Moderator sein, Zuhörer können per Handzeichen Meldung geben und sich in die Gespräche einklinken, sofern er zuvor einen Invite für Clubhouse bekommen hat.
Eigentlich nicht mehr und nicht weniger und doch so überaus erfolgreich.
Der Erfolg basiert aber vermutlich und gerade auch auf der Tatsache, dass die App so einfach gehalten ist: keine Ablenkung durch Chatfenster, keine Möglichkeit Dateien oder Inhalte zu sharen, oder Content zu liken und zu kommentieren. Nur das reine Gespräch! Und wer nicht live dabei ist, verpasst alles, denn es gibt keine Aufzeichnungen oder Content, den man später noch konsumieren könnte.