Gericht schreitet ein: Kartellrechtsverstoß bei Google
Die Suchmaschine Google darf vorerst nicht mehr bevorzugt Informationen des Gesundheitsportals des Bundes anzeigen. (Foto von Sora Shimazaki von Pexels)

So sieht die Kooperation zwischen Google & dem Gesundheitsministerium aus

“Wenn wir ein Interesse daran haben, objektive, fundierte, evidenzbasierte Informationen rüberzubringen, dann bringt es mir nichts, wenn wir bei Google an Stelle 783.000 auftauchen.”

Jens Spahn, Quelle: spiegel.de

So hatte es Gesundheitsminister Jens Spahn im November bei der Vorstellung der Kooperation seines Ministeriums mit Google formuliert. Seitdem beinhalten diverse Ergebnisseiten Resultate mit “verlässlichen Informationen für Ihre Gesundheit” von gesund.bund.de. Die SERP des Keywords “Erkältung” sieht beispielsweise so aus:

Rechts in grün der Knowledge Panel mit Informationen von gesund.bund.de. Quelle: spiegel.de

NetDoktor.de fühlt sich benachteiligt & klagt

Die sogenannten Knowledge Panels liefern den Nutzern Informationen direkt in der Ergebnisseite, ohne dass ein Ergebnis angeklickt werden muss. Beim googeln via Smartphone steht diese Integration sogar direkt an erster Stelle. Auch NetDoktor.de stellt regelmäßig unabhängig überprüfte Gesundheitsinformationen zur Verfügung und hat sich auch vermutlich deshalb nicht gerade erfreut gezeigt. Die Klickraten des Portals sind bei einigen wichtigen Keywords seit Beginn der Kooperation stark zurückgegangen. Warum dies wenig verwunderlich ist, hat SISTRIX mit der Visualisierung einer mobilen SERP unterstrichen:

Quelle: sistrix.de

NetDoktor.de & anderen privaten Anbietern stehen die Knowledge Panels auf Position 0 durch die Vereinbarung des Ministeriums mit Google nicht mehr zur Verfügung. Deswegen hat die NetDoktor.de GmbH beim Landgericht München I zwei Anträge auf einstweilige Verfügungsverfahren gegen die Vereinbarung zwischen Bund und Google eingereicht.

Landgericht München I verbietet die Kooperation vorläufig

Heute hat das Landgericht in einer Pressemitteilung (nachzulesen auf justiz.bayern.de) bekanntgegeben, dass es den Anträgen von NetDoktor.de stattgibt. Damit ist die Kooperation als kartellrechtswidrig eingestuft & vorläufig untersagt. Anbei ein Auszug aus der Urteilsbegründung:

“Das BMG ist mit Google eine Vereinbarung eingegangen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Gesundheitsportale bewirkt. Denn die bestmögliche Position auf der Ergebnisseite der Google-Suche, nämlich die neu geschaffene, prominent hervorgehobene Position „0“ in der Infobox, steht privaten Anbietern von Gesundheitsportalen von vornherein nicht zur Verfügung.”

Die Vorsitzende Richterin, Dr. Gesa Lutz, in ihrer mündlichen Urteilsbegründung

In der Begründung heißt es weiterhin, dass 90 % der Besucher von NetDoktor.de über Google auf das Portal kommen. Durch die Verdrängung im Knowledge Panel sank die Klickrate & damit auch die Werbeeinnahmen, mit denen das Portal finanziert wird.

Die SERP des Keywords “Erkältung” hat am 10.02.2021 um 14:58 Uhr bei einer Suchanfrage noch genau gleich ausgesehen, wie im oben verlinkten Screenshot. Google hat die Informationen von gesund.bund.de also noch nicht zu Gunsten der Wettbewerber entfernt.

Man darf gespannt sein, ob es auch zukünftig Knowledge Panels mit Gesundheitsinformationen gibt & ob durch das Gerichtsurteil auch gewerbliche Anbieter wie NetDoktor.de eine Chance haben, mit Ihren Inhalten auf Position 0 zu landen.

SISTRIX liefert spannende & detaillierte Daten zu der Kooperation

Am 11.02.2021, einen Tag nach der Urteilsverkündung des Landgericht München, hat SISTRIX einen Blogbeitrag über die Kooperation veröffentlicht. Neben einer Einschätzung durch Geschäftsführer Johannes Beus wurden Daten über das Ausmaß der Kooperation zwischen dem Gesundheitsministerium & Google veröffentlicht.

Eine Analyse von SISTRIX ergab folgendes:

  • Die aus der Kooperation resultierenden speziellen Infoboxen wurden noch am 10.02.2021 bei insgesamt 2184 Keywords auf Platz “0” angezeigt
  • Die mit Content von gesund.bund.de befüllten Infoboxen wurden monatlich ca. 24 Millionen Mal angezeigt

Diese Zahlen unterstreichen sehr deutlich, wie wirkungsvoll & gezielt der Staat durch eine Kooperation mit einer Suchmaschine wie in diesem Fall Google Informationen streuen kann.

Fazit

Weder dem Gesundheitsministerium noch Google kann vorgeworfen werden, dass es verwerflich ist qualitativ hochwertige Gesundheitsinformationen zur Verfügung zu stellen. Doch es ist richtig & wichtig, dass das Landgericht München die Kooperation verboten hat. Denn damit werden künftige Kooperationen dieser Art erschwert. Um ein Beispiel von Johannes Beus aufzugreifen kann das Finanzministerium dadurch in Zukunft nicht bei Suchanfragen rund um das Thema Steuern gezielt Informationen zum eigenen Vorteil verbreiten.

Es wäre auch denkbar, dass das SPD-geführte Finanzministerium unter Olaf Scholz andere Infos zu den Coronahilfen an die Frau & den Mann bringen will als das Wirtschaftsministerium unter Peter Altmaier von der CDU. Auch Grabenkämpfe solcher Art werden durch das Verbot verhindert.

Noch ein Blickwinkel aus SEO-Perspektive: Nicht nur das Gesundheitsministerium will bei Google nicht auf Rang 783.000 landen. Sondern wie viele weitere private Anbieter, Unternehmen & weitere staatliche Institutionen bestenfalls ganz oben.

Als erstes angezeigt werden sollte die Seite, die den besten Content zu der jeweiligen Suchanfrage bereitstellt. Mit der besten Lösung und/oder der besten & passendsten Information. Ob es nun um Gesundheitsinformation oder um ein anderes Thema geht, sollte dabei keine Rolle spielen

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